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Die Antwort aus Schweinfurt

Kugelschienenführung: Kugelkette, Kunststoffkugel, Tragzahlerhöhung
Die Antwort aus Schweinfurt

In KEM 10/96 wurde die erste Linearführung mit Kugelkette eines bedeutenden japanischen Herstellers vorgestellt. Drei Jahre später konnte der bedeutendste deutsche Spezialist in Sachen Führungen verkünden, dass er im neuen Jahrhundert seine Entwicklung dieser Technologie präsentieren wird. Die im März stattfindende Hannover Messe gibt dieser Premiere sicher den richtigen Rahmen.

Dieser Beitrag wurde nach Informationen von Manfred Schäfer, Produktbereich Kugelschienenführungen, Rexroth Star GmbH, Schweinfurt, von John Großpietsch, freier Fachjournalist für technische Produkte, erstellt

Status quo
Die Kugelkette im Linearlager soll Geräusche reduzieren, Ablaufeigenschaften verbessern und die Lebensdauer verlängern. Für Rexroth Star in Schweinfurt eine Option die sinnvoll eingesetzt Vorteile bringt. Es gibt eine ganze Reihe Argumente, mit denen gerade in jüngster Zeit die Diskussion um die Kugelkette im Linearlager geführt wird. Um die positiven Eigenschaften optimal zu nutzen, beschäftigt sich auch das Schweinfurter Unternehmen intensiv mit diesem Thema. Ihren Ursprung haben diese Überlegungen im Radiallager. Dort ist es gängige Praxis, dass die Kugeln in einem Käfig auf Distanz gehalten werden. Mit diesem Käfig wird eine homogene Lastverteilung bei sehr ruhigen Laufeigenschaften und niedrigem Geräusch erzielt. Gleichzeitig wirkt dieser Käfig als Rückhalt, der die Schmierstoffe definiert im Lager hält.
Ein Linearlager hat zunächst die gleiche Funktion wie ein Radiallager, nur dass dort der Innenring zur Schiene und der Außenring zum darauf laufenden Wagen wird. Die Anwendungen jedoch sind unterschiedlich. Beim Radiallager kommt es in der Regel auf eine saubere Drehbewegung an. Diese soll sanft und ohne Reibkraftschwankungen übertragen werden. Das Linearlager dagegen soll hohe Gewichte aufnehmen und diese posi-tionsgenau verschieben. Damit ist Steifigkeit und Tragfähigkeit das A und O. Die Anzahl der tragenden Kugeln ist dabei sehr wichtig. Neben der unmittelbar damit zusammenhängenden Tragzahl sind Lebensdauer ( berechnet nach DIN 636 Teil 2) sowie Ablaufeigenschaften und in immer stärkerem Maß auch die Geräuschentwicklung von großer Bedeutung.
Geräuschreduzierung bei geringer Vorspannung
Durch Entkoppeln der Kugeln mittels einer Kunststoffkette können diese nicht mehr aneinanderstoßen. Die dadurch normalerweise verursachten Geräusche werden somit verringert. Vergleichsmessungen haben eine Reduzierung dieser Geräusche um bis zu 6 dB(A) ergeben. Der Vorteil der Geräuschreduzierung wirkt sich am deutlichsten bei Führungswagen in Spielausführung aus. Die Führungswagen in vorgespannter Ausführung weisen in aller Regel ein höheres Geräuschniveau auf.
Schmiermittel bleiben länger
Als weitere Eigenschaft der Kugelkette ist zu sehen, dass durch sie Schmiermittel besser im System gehalten werden. Das Schmiermittel wird vor den Kugeln, quasi als Bugwelle, durch die Laufbahnen der Führungswagen geschoben. Die Verwendung einer Kugelkette verringert diese Bugwelle, da das Schmiermittel laufend am Kunststoff der Kette abgestreift wird.
Es kann somit davon ausgegangen werden, dass sich dieser Effekt vor allem bei niedrigen Belastungen günstig auf die Nachschmierintervalle auswirkt. Kritisch ist diese Eigenschaft jedoch bei Anwendungen mit beispielsweise feinen Stäuben zu sehen. Schmutzpartikel, die sich in Öl oder Fett fangen, bleiben folglich ebenfalls länger im System. Sie werden mit dem Schmiermittel immer wieder auf die Kugeln abgewälzt. Bei der herkömmlichen Form werden Verschmutzungen mit dem größeren Schmiermittelaustritt schneller nach außen gebracht. Der Führungswagen kann mit frischem Schmiermittel gespült werden. Dieser offensichtliche Nachteil kann nur durch die richtige Wahl der Star spezifischen Dichtungsvarianten bzw. -kombinationen vermieden werden.
Sanfter Ablauf
Die Verwendung einer Kugelkette wirkt sich auch auf das Ablaufverhalten eines Linearlagers aus. Zwar wird die Grundreibung des Führungswagens durch den Kontakt der Kugeln an der Kette erhöht, aber dadurch, dass die Kugeln in annähernd gleichem Abstand in die Lastzone einlaufen, wird der Ablauf sanfter. D.h., die Ein- und Auslaufschwankungen, die besonders bei mittleren und bei größeren Vorspannungen werden entsprechend reduziert.
Jede zweite ist kleiner
Rexroth Star bietet deshalb die Kugelschienenführung optional mit Kugelkette an und bringt diese dort zum Einsatz, wo deren Eigenschaften als Vorteile genutzt werden können.
Eine Aufgabe, nämlich den Kugelhalt zu bewerkstelligen, ist in den Star-Führungswagen durch einen speziellen Kunststoffrahmen ohnehin seit jeher standardmäßig realisiert.
Für besonders sanft laufende und geräuscharme Applikationen steht durch die Führungswagen mit Trennkugeln noch eine weitere Alternative zur Verfügung. Dort ist jede zweite Kugel eine im Durchmesser kleinere Kunststoffkugel. Die sanfteste und leiseste Variation überhaupt.
Ohne Kette aber mit 30 % höherer Tragzahl
Die Belastbarkeit von Wälzlagern hängt im Wesentlichen von Werkstoff, Warmbehandlung und Präzision, besonders aber auch von der Oberflächenqualität der Wälzkörper und Laufbahnen ab. Ein Weg zur Erhöhung der Lebensdauer führt deshalb über die Optimierung der Oberflächenrauigkeiten. In Schweinfurt wurde dazu im Bereich der Kugelschienenführungen folgerichtig am Führungswagen angesetzt. Dort werden auf Grund der Längenverhältnisse, im Gegensatz zur längeren Führungsschiene, die Laufbahnen erheblich häufiger überrollt. Der konstruktive Aufbau der Star-Führungswagen ermöglicht die gezielte Verbesserung der Laufbahnen. Gegenüber bislang üblichen Standards ist hier die Viertelung der Ra-Werte gelungen. Oberflächenrauigkeiten um Ra 0,1 sind in den Schweinfurter Werken mittlerweile Stand der Technik. Das Ergebnis dieser Produkt-Optimierung ist eine um 30 % höhere dynamische Tragzahl der Star-Kugelschienenführungen. Dies wurde in umfangreichen Versuchen nachgewiesen. Als Tragzahl C in die Formel zur Berechnung der nominellen Lebensdauer (m) nach DIN 636 Teil 2
eingebracht, ergibt sich daraus für den Anwender eine 2,2-fache Lebensdauer mit entsprechend höherer Betriebssicherheit. Nach europäischem Standard basieren auf Grund dieser Lebensdauerberechnung die Herstellerangaben über dynamische Tragzahlen und Momente auf einem Hubweg von 100 000 m. Im Vergleich zu fernöstlichen Standards, wo oft lediglich 50 000 m Hubweg zugrunde liegen, muß ein Umrechnungsfaktor von 1,26 angesetzt werden, um die verschiedenen Berechnungsansätze auszugleichen.
Ausführliche Informationen
Kugelschienenführung mit Kugelkette
KEM 448
Kunststoff-Zwischenkugel
KEM 449
Kugelschienenführungen
KEM 450
Internet
Differenzierte Betrachtung
Die Eigenschaften der Kugelkette sind auf Grund ihrer Auswirkungen in den unterschiedlichen Anwendungsbereichen differenziert zu betrachten. Bei sinnvoller Verwendung können durchaus Vorteile entstehen. Generell ist die Kette jedenfalls als zusätzliches Bauteil mit entsprechenden Mehrkosten sowie Verschleißrisiken zu sehen. Außerdem wird durch sie zwangsläufig die Anzahl der tragenden Kugeln reduziert. Bei einem standardlangen Wagen verringert sich die Tragzahl immerhin um 5 bis 10 % vom ursprünglichen Wert. Die Auswirkungen dieser Reduzierung der dynamischen Tragzahl werden jedoch bei Star entscheidend gemindert, da bereits Ende 99 durch entsprechende Maßnahmen die Tragzahl von Kugelschienenführungen um 30 % erhöht werden konnte.
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